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Die Arzneipflanzen des Jahres seit 1987
Der Verband Deutscher Drogisten
lobte
von 1987 bis 1989 die Arzneipflanze des Jahres aus.
Seit 1999 wird eine Arzneipflanze des Jahres vom Studienkreis
Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzen am Institut für Geschichte
der Medizin der Universität Würzburg ausgelobt:
Jahr |
Arzneipflanze |
wissenschaftlicher Name |
1987 |
Echte Kamille |
Matricaria chamomilla |
1988 |
Zitronen Melisse |
Melissa officinalis |
1989 |
Knoblauch
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Allium sativum |
XXX |
XXX |
XXX |
1999 |
Buchweizen |
Fagopyrum esculentum |
2000 |
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2001 |
Arnika |
Arnica montana |
2002 |
Stechender Mäusedorn |
Ruscus aculeatus |
2003 |
Artischocke |
Cynara scolymus |
2004 |
Pfefferminze |
Mentha piperita |
2005 |
Gartenkürbis |
Cucurbita pepo |
2006 |
Thymian |
Thymus vulgaris |
2007 |
Hopfen |
Humulus lupulus |
2008 |
Rosskastanie |
Aesculus hippocastanum |
2009 |
Fenchel |
Foeniculum vulgare |
2010 |
Efeu |
Hedera helix |
2011 |
Passionsblume |
Passiflora incarnata |
2012 |
Süßholz |
Glycyrrhiza glabra |
2013 |
Kapuzinerkresse |
Tropaeolum majus |
2014 |
Spitzwegerich |
Plantago lanceolata |
2015 |
Echte Johanniskraut |
Hypericum perforatum |
2016 |
Echter Kümmel |
Carum carvi |
2017 |
Saathafer |
Avena sativa |
2018 |
Andorn |
Marrubium vulgare |
2019 |
Weißdorn |
Crataegus |
2020 |
Echter Lavendel |
Lavandula angustifolia |
2021 |
Myrrhenbaum |
Commiphora myrrha |
2022 |
Mönchspfeffer |
Vitex agnus-castus |
2023 |
Echte Salbei |
Salvia officinalis |
2024 |
Blutwurz |
Potentilla erecta |
2025 |
Gemeine Schafgarbe |
Achillea millefolium |
Die Gemeine Schafgarbe (Achillea millefolium) ist die Arzneipflanze des Jahres 2025
Die Schafgarbe gehört zu den bekanntesten Korbblütlern und ist
seit Jahrtausenden eine geschätzte Arzneipflanze. Kraut und Blüten
enthalten als wichtige Wirkstoffe ätherisches Öl, Gerbstoffe und
Flavonoide, die in Form von Tees, Dragees und Tropfen bei
Verdauungsbeschwerden, menstruationsbedingten Krämpfen sowie äußerlich
zur Behandlung kleiner, oberflächlicher Wunden eingesetzt werden
können.
Aufgrund ihrer vielfältigen Nutzung in der Geschichte
und ihrem Potential für weitere Forschung wählt der interdisziplinäre
Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde die
Gemeine Schafgarbe zur Arzneipflanze des Jahres 2025.
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Die 30 - 60 cm hohe, ausdauernde Schafgarbe wächst auf
Wiesen, Feldern, Weiden, an Wegrändern, Rainen und auf anderen
rasenbewachsenen Flächen.
Aus dem kriechenden
Wurzelstock wachsen aufrechte, im oberen Teil in eine dichte
Schirmrispe verzweigte Stengel. Die Blätter sind in der Jugend
wollig, später zerstreut behaart bis verkahlend. Ihre Spreiten
(Fläche des Laubblattes) sind lanzettlich, aber zwei- bis
dreifach fiederschnittig. |
Die Gemeine Schafgarbe ist die
Arzneipflanze des Jahres 2025 |
Bild: © Studienkreis Entwicklungsgeschichte
Arzneipflanzenkunde |
Botanik
Die Schafgarben (Achillea) sind eine überaus komplexe
Gattung aus der Familie der Korbblütler mit 100 bis 200 Arten. Die bei
uns heimische Gemeine Schafgarbe (Achillea millefolium) ist sehr
formenreich und kommt in rund einem Dutzend Kleinarten vor, deren
Unterscheidung sehr schwierig ist und in der Literatur ensprechend
unterschiedlich behandelt wird.
Die meist 30 bis 60 Zentimeter
hohe, ausdauernde Gemeine Schafgarbe wächst auf Fettwiesen, Äckern, an
Wegrändern sowie auf Brachland und Schutt. Charakteristisch sind der
kriechende Wurzelstock, die fein gefiederten Laubblätter und der
scheindoldige Blütenstand mit weißen bis rötlichen Blüten.
Ordnung |
Familie |
Gattung |
Art |
Asternartige |
Korbblütler |
Schafgarbe |
Gemeine Schafgarbe |
Geschichte
In der griechischen Mythologie, allerdings noch
nicht bei Homer, ist die Schafgarbe das Wundkraut des Achilles,
weshalb der Botaniker Carl von Linné die Gattung im 18. Jahrhundert
nach dem beinahe unverwundbaren Heros benannte. Auch der Artname
'millefolium', also Tausendblatt, der auf die fein gefiederten
Laubblätter hindeutet, ist bereits aus der Antike bekannt.
In
der schriftlichen Überlieferung erstmals sicher greifbar sind
Schafgarben in der Mitte des 1.Jahrhunderts in der großen
Arzneimittellehre des griechischen Arztes Dioskurides. Die Zuordnung
der genauen Arten wird seit dem 16.Jahrhundert teils kontrovers
diskutiert und gestaltet sich bis heute als schwierig. Allerdings
ziehen sich einige der bei Dioskurides genannten Anwendungen wie ein
roter Faden durch die gesamte europäische Medizingeschichte und werden
spätestens seit dem Mittelalter der Gemeinen Schafgarbe zugeschrieben:
Die Verwendung bei Wunden, bei Verdauungsbeschwerden und bei
Frauenleiden.
Einer der frühesten Belege für das
deutsche Wort Garbe findet sich im 12.Jahrhundert in der
Naturkunde der Hildegard von Bingen (bei ihr 'garwe').
Die Meisterin vom Rupertsberg stellt insbesondere die "feine
Wirkung" auf Wunden heraus und empfiehlt das Kraut auch bei
Dreitagefieber. |
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Zeichnung: bei Vitus Auslasser 1479 |
Ihre größte Popularität hatte die Schafgarbe in der frühen
Neuzeit, als der Arzt und Botaniker Tabernaemontanus mehrere Seiten
seines monumentalen Kräuterbuches, gedruckt von 1588 bis 1731, mit
verschiedenen Zubereitungsformen für die innerliche und äußerliche
Anwendung füllte.
Der Arzt Georg Ernst Stahl schreibt in seiner
ab 1728 gedruckten Arzneimittellehre: "So gemeine und schlecht dieses
Kräutgen scheinet, so gute Dienste kann man sich davon versprechen,
woferne man es mit Verstande zu appliciren weiß".
Im 20.
Jahrhundert setzten sich langsam die heute anerkannten Anwendungen
durch, wobei zunehmend auf die sehr unterschiedliche Zusammensetzung
der Inhaltsstoffe hingewiesen wurde. Das als besonders wirksam
geltende Azulen macht in der Arzneidroge 10 bis 20 Prozent des
ätherischen Öls aus, ist jedoch in Pflanzen aus der Wildsammlung teils
überhaupt nicht nachweisbar.
In der Anwendung ist das
kontaktallergene Potential der Pflanze zu beachten, bei bekannter
Allergie gegenüber Korbblütlern sollte von der Pflanze Abstand
gehalten werden.
Weitere Forschung ist nötig, um die heute
anerkannten Anwendungen besser abzusichern und die in der
Überlieferung und experimentellen Untersuchungen genannten Wirkungen
kritisch zu überprüfen.
Der Studienkreis
Der interdisziplinäre Studienkreis Entwicklungsgeschichte der
Arzneipflanzenkunde kürt seit 1999 die Arzneipflanze des Jahres.
Vorrangiges Ziel ist es, an die lange und gut dokumentierte Geschichte
von Pflanzen in der europäischen Medizin zu erinnern. Aus dieser
Geschichte können wichtige Hinweise für eine pharmazeutische und
medizinische Nutzung altbekannter Heilpflanzen extrahiert werden.
Gegründet wurde der Studienkreis 1999 an der Universität Würzburg
unter maßgeblicher Beteiligung von Prof. Franz-Christian Czygan (
gest. 2012) und Dr. Johannes Gottfried Mayer (gest. 2019). Heute
gehören der Jury Mediziner, Pharmazeuten, Biologen und Historiker
verschiedener Hochschulen und Institutionen an.
Vielen Dank an Herrn Tobias Niedenthal von der Forschergruppe
Klostermedizin, Würzburg, für den Pressetext, sowie die Möglichkeit
ein Bild von der Arzneipflanze des Jahres 2025, sowie die Illustration
Vitus Auslasser 1479 veröffentlichen zu dürfen.
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