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Die Wiesenweihe (Circus pygargus) - die grazile und elegante


Die Wiesenweihe, ist die kleinste in Europa lebende Weihenart. Sie wirkt im Flug überaus schlank und grazil, etwas schlaksig und trotzdem elegant. Sie erinnert dabei eher an eine Möwe oder Seeschwalbe als an einen Greifvogel. Sie ist noch schlanker als die sehr ähnliche Kornweihe.

Als ich zum ersten Mal, auf den Höhen des Ochsenfurter Gaues, diesen eleganten Greif mit eigenen Augen sehen konnte, war ich fasziniert von ihrem Flugbild, das mich eher an eine Möwe erinnerte. Wer einmal gesehen hat, wie das Männchen Beute an das Weibchen in der Luft übergibt, hier legt sich das Weibchen auf den Rücken und fängt in dieser Haltung die Beute auf, vergisst solche Augenblicke nie wieder.


Ein besonderer Augenblick über den Weiten des Ochsenfurter Gaues - die Wiesenweihe (Bild: Gunther Zieger) Die Wiesenweihe hat seit den 1990er Jahren, sich die Getreidefelder des Ochsenfurter Gaues als Brutgebiet erschlossen.
Ein besonderer Augenblick über den Weiten des Ochsenfurter Gaues - die Wiesenweihe Bild: Gunther Zieger


Die Männchen, mit ihrem blaugrauen Gefieder, sind von den Weibchen, braun bis dunkelbraun, gut zu unterscheiden. Männchen der Wiesenweihe unterscheiden sich, gegenüber der Kornweihe, auch durch das markante schwarze Flügelband auf der Oberseite.

Brutlebensraum der Wiesenweihe sind weite Feuchtgebiete des Tieflandes, Verlandungszonen mit nicht zu hoger Vegetation und feuchte Heidegebiete. Da dieser Naturtyp immer seltener wird, haben mitteleuropäische Wiesenweihen zunehmend auch in Getreidefleder und anderem Kulturland ihr Brutgebiet verlegt. Das Verbreitungsgebiet der Wiesenweihe ist von Südwesteuropa und Nordwestafrika bis zum Altai.

Etwa Mitte April kommen die Wiesenweihen aus ihrem afrikanischen Überwinterungsgebiet (die Wiesenweihe überwintert südlich der Sahara) in ihr mitteleuropäisches Brutgebiet zurück. Durch auffallende Schauflüge über dem Revier lockt das Männchen ein Weibchen heran, mit dem es sich verpaart. Die Brutreife erreichen Wiesenweihen im Alter von ein oder zwei Jahren. Das Verhalten dieser Greife zur Paarungszeit ist beeindruckend. Beide Partner fliegen zusammen in weiten Spiralen, wobei sich immer wieder Sturzflug und Steigflug abwechseln. Das Männchen bietet dem Weibchen Nahrung an, indem sie diese im Flug fallen lässt. Das Weibchen ergreift sie mit vorgestreckten Beinen und dreht sich dabei im Flug auf den Rücken.
 
Das Nest wird am Erdboden gebaut und zwar immer im Schutz von genügend hoher Vegetation. Getreidebruten finden in Mitteleuropa hauptsächlich in Wintergerstefeldern statt, die zum Zeitpunkt des Nestbaus schon entsprechend hoch gewachsen sind und vor Fressfeinden schützen.


Eine Wiedergeburt, so scheint es, erlebt die international vom Aussterben bedrohte Wiesenweihe - zumindest in den Landkreisen Würzburg und Neustadt/Aisch.
Ihre angestammten Lebensräume - Feuchtflächen, Moor- und Flusslandschaften - wurden mehr und mehr zu Gunsten landwirtschaftlicher Nutzung vernichtet. Wenngleich Getreidebruten bei Weihen kein neues Phänomen ist, sucht sich der als Wiesenbrüter bekannte Greifvogel seit einigen Jahren bevorzugt Wintergerstenfelder als Brutplatz aus.
Wiesenweihen-Weibchen (Konrad Bauer)
Bild: Konrad Bauer Wiesenweihen-Weibchen


Wie alle Vertreter dieser Gattung betreiben Wiesenweihen die Jagd in niedrigem Suchflug über vorwiegend offenem Gelände, aber auch entlang von niedrigen Hecken und Baumreihen. Beim verfolgen von Beutetieren ist die Wiesenweihe ein besonders wendiger Greif und fängt Kleinvögel ( oft sind es eben flügge gewordene und noch unerfahrene Jungvögel, oder verletzte) und größere Insekten auch im Flug. Ihre Hauptnahrung bilden jedoch Kleinsäuger, insbesondere Feldmäuse, Insekten (Heuschrecken, Libellen und Käfer). Auch die eine oder andere Eidechse wird erbeutet.

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass diejenigen Arten, die in ihren Revieren in hoher Dichte vorhanden sind, am häufigsten erbeutet werden, z.B. Feldmäuse. Mit einer Großaktion, Gewölleuntersuchungen, die ich mit einer Professorin von der Uni Würzburg und ihren Studenten durchführen ließ, kam heraus, dass bis auf zwei Gelegen, ausschließlich Mäuse (Feldmaus, Wühlmaus u.a.) von den Wiesenweihen erbeutet wurden. Der Vorwurf von Seiten der Jäger, die Wiesenweihe würde die Singvogelbestände dezimieren, bis hin zur Ausrottung, wurde hiermit entkräftet.


Hier können Sie die Stimme der Wiesenweihe hören (Beim Balzflug und am Brutplatz lassen Wiesenweihen keckernde Rufreihen hören, vor allem dann, wenn sie sich gestört fühlen. Der Alarmruf ist ein schnelles "jick-jick-jick". Die Bettelrufe des Weibchens und der Jungen sind ein wiederholtes, durchdringendes "psiüü".


Merkmale der Wiesenweihe:

Länge: ca. 43 - 50 cm;
Flügelspannweite: ca. 98 - 110;
Gewicht: Männchen: 227 - 305 g; Weibchen: 319 - 445 g;
Brutzeit: Mai bis Anfang Juni (in Mitteleuropa normalerweise in der zweiten Mai-Hälfte.
Gelegegröße:  zumeist 3 - 5 weiße Eier;
Legeabstand: 1 - 2 Tage, ausnahmsweise bis zu 6 Tagen. Das Weibchen brütet allein; 1 Jahresbrut.
Brutdauer: 27 - 30 Tage. Das Weibchen hudert die kleinen Jungen, bis der kleinste Nestling etwa zwei Wochen alt ist. Danach beteiligt es sich am Nahrungserwerb.
Nestlingszeit: 35 - 40 Tage. Allerdings verlassen die Jungen das Nest zu Fuß schon früher. Nach dem Ausfliegen, das normalerweise ab Mitte Juli geschieht, werden die Jungen noch etwa 3 - 4 Wochen von ihren Eltern mit Nahrung versorgt.


Ein Wiesenweihen-Weibchen erkennt man am ehesten an der schlanken Gestalt (Bild: Gunther Zieger) Die Fortpflanzungsziffer ist wegen der hohen Verluste, die sowohl durch ungünstige Witterung (nasses Frühjahr) als auch durch menschliche oder tierische Einwirkungen entstehen können, meist gering. 1,8 flügge Junge pro Paar und Jahr sind die Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Population. Im Jahr 2007 war es hier 3,07 und 2010, 2,21.
Am ehesten erlennt man eine weibliche Wiesenweihe an ihrer auffallend schlanken Gestalt Bild: Gunther Zieger


Die Wiesenweihe ist ein Langstrecken-Zugvogel, der das Winterhalbjahr in Afrika südlich der Sahara verbringt. Altvögel verlassen das mitteleuropäische Brutgebiet zum Teil schon ziemlich früh, die Jungvögel etwas später. Von Mitte Oktober bis Mitte März hält sich die Mehrzahl der Wiesenweihen in der Sahelzone Afrikas auf. Beringte Vögel wurden schon in Nigeria und Sudan wieder gefunden. Der weiteste Wiederfund einer beringten Wiesenweihe kam aus dem, über 4900 km südlich, Tschad. Der momentane Bestand der Wiesenweihe in Bayern dürfte bei 170 - 200 BP liegen. Der Weltbestand wurde durch Birdlife International auf etwa 100.000 BP geschätzt. Der europäische Bestand auf bis zu 65.000 BP.

Der Bestandanstieg hat sich in Europa seit der 1990er Jahre in einer starken Zunahme auf landwirtschaftlichen Flächen, vor allem in Getreidefeldern manifestiert. Diese Bruten sind jedoch wegen der Erntetermine vor Mitte Juli stark gefährdet. Man nimmt an, dass gegen 90% der Brutgelege in Deutschland sich in Ackerkulturen befinden. Nach Schätzungen würden bis zu 60% der Jungvögel durch den Einsatz von Mähdreschern sterben, wenn sich nicht Naturfreunde die Aufgabe machen würden, Nester ausfindig zu machen und diese dann abzustecken, d.h. es wird ein Gebiet von 50 auf 50 Meter nicht geerntet, sonden zum Schutze der Wiesenweihen stehengelassen. Die betreffenden Landwirte werden durch einen Umweltfonds entschädigt. Ohne diese Hilfen, hätte Circus pygargus kaum eine Chance Bruten erfolgreich durchzubringen, oder andersherum, den Populationsbestand zu sichern.


Die Wiesenweihe ist in Bayern nur regional verbreitet. Ihre Verbreitungsschwerpunkte sind die offenen Agrarlandschaften in den Mainfränkischen Platten, (vor allem Ochsenfurter und Gollachgau) Nördlinger Ries und die niederbayerischen Gäuboden. Diese unglaubliche Aufnahme zeigt eine Beuteübergabe eines Männchens an das Weibchen (Bild: Gunther Zieger)
Bild: Gunther Zieger Diese unglaubliche Aufnahme zeigt die Beuteübergabe in der Luft vom Männchen an das Weibchen


Dank des seit 1999 laufenden Artenhilfsprogramms ist der Bestand im Zeitraum 2000 bis 2009 auf das Zweieinhalbfache angestiegen. Die meisten Paare (88%) brüteten 2009 in Mainfranken. Die Bruten befinden sich überwiegend in Ackerflächen, welche mit Wintergetreide bestellt sind (2009: 93%). Der ungewöhnliche Anstieg der Brutpaarzahlen ab Mitte der 1990er Jahre ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Eine wichtige Rolle spielt hierbei der Wechsel des bevorzugten Bruthabitats von Feuchtwiesen und Mooren hin zu Getreideäckern in Kombination mit dem gezielten Schutz der Nester im Rahmen des Artenhilfsprogramms.

Besonderheiten:

1999 gab es 7 Jungvögel in einem Nest, die alle ausflogen. Eine DNA-Untersuchung ergab, dass jeweils 3 und 4 Junge Geschwister waren und das Gelege von 2 Weibchen stammte. Die Weibchen und die Brut wurden wahrscheinlich von nur einem Männchen mit Nahrung versorgt.
1999 wurde eine junge Rohrweihe, die ein Bauer vor seinem Mähdrescher rettete, in eine etwa gleichaltrige Wiesenweihenbrut versetzt und von den Altvögeln groß gezogen. Die voll befiederte Rohrweihe im Jugendkleid wurde dann aber, sobald sie sich außerhalb der stehen gelassenen Getreidefläche aufhielt, vom Männchen attackiert.
Untersuchungen in Frankreich mit am Flügel markierten Vögeln haben ergeben, dass Wiesenweihenpopulationen genetisch nicht isoliert sind. Jungvögel können weiter als 50km vom Geburtsort, Weibchen bis zu 300 km vom letztjährigen Brutplatz entfernt brüten.

Es bleibt zu hoffen, dass solche Artenhilfsprogramme nicht wegen einer Sparmaßnahme beendet werden und die Wiesenweihe in den Weiten des Ochsenfurter Gaues oder anderswo noch lange ihren Nachwuchs, erfolgreich, groß bringen.

Quelle: Brutvogelatlas Bayern
  

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- letzte Aktualisierung: Donnerstag, 18. November 2021 -
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